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Ich geh‘ aus – Teil 1

3. März 2018

Ein früher Samstagabend nach einer Chorprobe. Alle um mich herum, so scheint es, haben noch etwas vor, sind verabredet, gehen essen oder ins Kino – nur ich nicht. Ja, ich bin alt genug, um zu wissen, dass das so nicht stimmt. Aber ich fühle mich gerade einfach nicht … ja, was? – vollwertig vielleicht. Ich möchte kurz wie ein kleines Kind mit dem Fuß aufstampfen und rufen: „Ich möchte auch ausgehen“.

Am Samstag nach besagter Chorprobe entschließe ich mich spontan zu einem Besuch des Konzerthauses in Dortmund. Wynton Marsalis mit seinem Jazz at Lincoln Center Orchestra tritt auf. Eigentlich ist das Konzert ausverkauft. Ich profitiere von der langen Grippewelle im Winter und kann eine Karte von einem netten Herrn übernehmen, dessen Frau leider erkrankt ist. Das Konzert ist großartig, der Abend hat sich gelohnt, ich gehe froh und zufrieden nach Hause und denke nicht weiter darüber nach, dass ich spätestens in der kommenden Woche unweigerlich erneut mit der Ausgehproblematik konfrontiert werde.

Immer wieder samstags

Mitte der kommenden Woche nistet sich dann prompt in meinem Kopf der Gedanke  ein: Eigentlich finde ich mein Singledasein super, aber was mache ich am Wochenende? Also schaue ich mich um, was meine Heimatstadt an Nachtleben zu bieten hat. Ich möchte tanzen gehen, bis früh morgens das Tanzbein schwingen, nass geschwitzt und erschöpft nach Hause und ins Bett taumeln – einmal so richtig „abhotten“ (sagt man das noch?). Aber alleine in eine Disco? Ich glaube, das traue ich mich noch nicht.

Die kleine Kneipe

Ganz in der Nähe meines Zuhauses gibt es einen netten Laden. Unikat – Konzeptmanufaktur nennt er sich, der veranstaltet freitags abends in regelmäßigen Abständen „Drink & Draw“. Ich bin Feuer und Flamme, Zeichnen beim Feierabendbier hört sich toll an. Es gibt nur einen, nein zwei Haken: Ich kann überhaupt nicht zeichnen und mich nicht erinnern, wo mein Aquarellkasten sein könnte. Außerdem bin ich um 18:00 Uhr noch nicht mit meinem Tagwerk fertig. Gibt es noch etwas anderes?

Wenn Du denkst

Au ja, in der Pauluskirche steht am Freitagabend ein tolles Konzert auf dem Programm: ADD One ist ein Vokalensemble aus gerade einmal zwei Sängerinnen und einem Sänger, die a capella singen. Genau das ist es. Ich raffe mich am Freitagabend trotz eisiger Kälte auf, vermumme mich polartauglich und radele voller Vorfreude in die Schützenstraße. Doch die Enttäuschung bei meiner Ankunft ist groß. Der Sänger ist erkrankt, das Konzert wurde kurzfristig abgesagt. Was soll’s. Gehe ich eben jetzt schon in den Irish Pub Black End, an dem ich schon gefühlte tausend Mal vorbeigekommen bin und der auf mich irgendwie einladend wirkt. Gesagt getan.

May the road rise to meet you

Fahrrad abstellen, nicht lange nachdenken und einfach reinmarschieren. Zu meiner großen Verwunderung bin ich um 20:00 Uhr fast alleine in dem Laden. Die Bedienung kommt dienstbeflissen an meinen Tisch  und erkundigt sich freundlich: „Was kann ich Dir denn bringen?“ Ich bestelle ein Kilkenny, obwohl ich irisches Bier nicht besonders mag, und grinse in mich hinein. Wer bei einer irischen Kneipe eine ebensolche Musik erwartet (so wie ich), liegt im „Black End“ völlig falsch. Vielleicht hätte ich die Google-Rezensionen lesen sollen: „Solide Metal Location mit ordentlicher Musik und guter Bierauswahl“. Naja, kein „Whiskey in the Jar“, keine Pogues, keine Corrs, keine Cranberries – ich glaube, aus dem Black End und mir wird keine dauerhafte Beziehung. Ich besitze auch keins der Tour-T-Shirts von irgendwelchen mir unbekannten Metalbands, die die später dazustoßenden Studenten tragen. Ich fühle mich ein wenig fehl am Platz, weiß nicht wohin mit meinen Händen, hole aus Verzweiflung das Smartphone aus der Tasche – keine Nachricht – und studiere das Interieur, das mich an ein Jugendzentrum der 80er erinnert. Nach 30 Minuten habe ich genug von der Musik, der Halloween-Atmosphäre, den Skeletten an der Wand und bezahle. „Morgen gehe ich aber wirklich tanzen“, denke ich bockig, was stimmt, denn für den Samstagabend bin ich mit einer Freundin verabredet. Was uns da im Fox in der Spielbank der Hohensyburg erwartet, weiß ich zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht. Aber dazu ein anderes Mal mehr. Ich bleibe dran :-))

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