50+ Leben

Sing, sing, sing, sing

14. Juli 2017
Plakate, Programmhefte und Flyer Messa di Gloria mit dem Dortmunder Kammerchor

Noten liegen aufgeschlagen auf einem Notenständer vor einem Altar

Details eins Notenständers

In einer Kirche: Im Vordergrund Mikrofone dahinter schemenhaft ein Kammerorchester

Im Dezember 2016 lese ich einen Aufruf in einer Stadtteilzeitung: Der Dortmunder Kammerchor sucht Projektsänger und -sängerinnen für ein siebenmonatiges Chorprojekt. Aufgeführt werden soll am Ende die „Messa di Gloria“, Giacomo Puccinis Abschlussarbeit am Istituto Musicale „G. Pacini“ in Lucca. Ich bin sofort Feuer und Flamme. Wow! Ein Werk mit opernhaften Zügen geschrieben für einen gemischten Chor, solistischen Tenor, Bariton sowie Orchester. Da will ich mitmachen. Mit leicht klopfendem Herzen gehe ich zu den ersten Proben, singe vor und darf bleiben.

Ende Januar 2017 trifft sich der immerhin 55 Mann/Frau starke Chor zu einem Chorwochenende im verschneiten siegerländischen Hilchenbach. Trotz der klirrenden Temperaturen erblickt man im Richard-Martin-Haus erstaunlich viele gerötete Wangen. Hochkonzentriert singen wir das komplette Werk einmal durch und erschließen uns langsams Puccinis Musik. Bei mir melden sich ein paar Zweifel: Was habe ich mir denn da vorgenommen? Kann ich das singen, ohne auch nur eine Note lesen zu können? Und ja, das Kennzeichen eines Soprans ist die hohe Stimmlage – aber ein a“, wie soll das bitte schön gehen? Zum Glück haben wir nicht nur einen vor Enthusiasmus nur so sprühenden Chorleiter, sondern auch eine ebenso musikalische Korrepetitorin. Ach so, verstehe, erst den Ton vorstellen, dann einfach entwickeln lassen, Mund auf und singen! Es macht Spaß, sogar riesig.

In den kommenden Monaten proben wir regelmäßig Woche für Woche und legen bis zum Juli außerdem vier Probensamstage ein. Ich ertappe mich dabei, wie ich unablässig entweder ein „Gloria“, ein „Kyrie“ oder ein „Agnus Dei“ vor mich hinsumme. Die Musik wird langsam aber sicher zu einem festen Bestandteil meines Alltags, mein musikalischer Lebensabschnittsgefährte, der einen mal andächtig, mal fröhlich oder ironisch kichernd begleitet. Mehr noch, ich übernehme die grafische Gestaltung der benötigten Plakate, Flyer und Programmhefte. Als ich diese in den Druck gebe, verbleiben noch zehn Tage bis zu den Konzerten und ich bekomme langsam Lampenfieber. In der letzten Juni- und der ersten Juliwoche proben wir mindestens zweimal wöchentlich, zwei Tage vor dem ersten Konzert findet schließlich die Generalprobe mit Orchester und Solisten in der Evangelischen Kirche in Berghofen statt. Keiner von uns wirkt wirklich aufgeregt, eine gewisse Anspannung ist allerdings zu spüren und auch ein wenig Stolz, Teil dieses schönen Projektes zu sein.

Zum Schluss geht alles sehr schnell: Am Samstagabend und am Sonntagnachmittag der vergangenen Woche führen wir die Messe gemeinsam mit dem Projektorchester und den beiden Solokünstlern auf. Das gesamte Konzert dauert 60 Minuten, gefühlt stehen wir 20 Minuten auf der Bühne. Sonntagnachmittag, 17:00 Uhr – mit den letzten Klängen des Ave Maria (Intermezzo der Cavalleria Rusticana) ertönt in der Evangelischen Kirche am Markt in Hombruch ein sanfter Glockenklang. Unser Chorleiter strahlt, der Dirigierstab kommt langsam zur Ruhe, die Musiker setzen ihre Instrumente ab, wir klappen unsere Notenmappen zu, das Publikum klatscht – das war’s. Sieben Monate gemeinsamer Probenarbeit liegen hinter uns, das Adrenalin der beiden Auftritte wird noch länger nachwirken. Es war ein tolles Projekt und eine schöne Zeit, danke dafür.

PS: Fotos und weitere Hintergrundinformationen gibt es übrigens auf der Facebook-Seite des Dortmunder Kammerchors.

 

 

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