50+

Bin ich wirklich eine Insel?

21. Mai 2015
Je ne uis jamais seul avec ma solitude

Hey, ihr Damen 40+: Wie sieht es bei Euch aus? Seid ihr mehr die Einzelgängerin oder mehr das Herdentier? Hat sich das im Laufe Eures Lebens vielleicht verändert? Wie haltet ihr es beim Arbeiten? Habt ihr lieber die „Tür auf oder zu“? Ich freue mich auf Eure Kommentare!

Will Freemann, Hauptperson in Nick Hornby’s About a Boy oder: Der Tag der toten Ente, tut sich schwer mit sozialen Beziehungen und hält sich selbst für eine Insel, genauer gesagt für Ibiza. Will hat sich eingerichtet in einem komfortablen, aber einsamen Leben, in dem er bis auf gelegentliche Sex-Partnerinnen niemanden braucht. Ein Einzelgänger eben.

„Ich bin gerne allein“. Was wir von Einzelgängerinnen lernen können – Brigitte Woman-Autorin Julia Karnick sieht viele Vorteile im Alleinsein. „Super, endlich spricht auch mal jemand über mich“, war mein erster Implus beim Überfliegen des Artikels. Aber bin ich wirklich eine Einzelgängerin oder bin ich einfach nur gern allein? Diese Frage beschäftigt ich mich seit Tagen und je länger ich mich mit ihr beschäftige, desto mehr komme ich zu dem Schluss: Ich bin keine lupenreine Einzelgängerin.

Im Spiel selbstvergessen versinken, aus Papier oder Stoff immer neue Gegenstände und Muster ausschneiden, das konnte ich schon als Kind, und das bereitet mir mit knapp 50 noch größtes Vergnügen. Einen Roman buchstäblich verschlingen, das Telefon abstellen und die Haustürklingel ignorieren – dazu benötige ich nicht viel mehr als ein Sofa und einen guten Kaffee. Keinesfalls möchte ich dabei gestört werden! Diese kleinen Auszeiten oder Fluchten aus einem nur allzu fordernden und anspruchsvollen Leben gehören für mich zu einer ausgeglichenen Work-Life-Balance unverzichtbar dazu. So sehr ich auch Unternehmungen und Gespräche mit meinem Lebensgefährten schätze: An manchen Tagen möchte ich nur mir gehören, niemanden sprechen, niemanden sehen, mich auf meine Insel zurückziehen und gut is‘.

Wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst bin, dann sind diese Zustände aber nur deswegen so erstrebenswert, weil es auch den entsprechenden Gegenpart in meinem Leben gibt: Die ausgelassenen, angeregten oder auch ernsthaften Augenblicke mit anderen Menschen. Nie könnte ich, wie Heike Langenkamp das in ihrem Buch Aussteigerin aus Versehen + Geschichten aus dem Wald beschreibt, in selbst gewählter Isolation leben. Erst der Ausblick auf Gemeinschaft macht für mich das Alleinsein so attraktiv.

Wer, wie ich, einmal längere Zeit Single gewesen ist, weiß vermutlich, wovon ich spreche. So sehr ich Wochenenden ohne Termin, ohne Verabredung und ohne meinen Partner liebe: In dem Moment, wo es dazu keine Alternative gibt, kann die Zeit lang, die Einsamkeit greifbar werden. Ähnliches gilt für meine Arbeit. Ich genieße die Möglichkeit, als Freiberuflerin den Tag mehr oder weniger mit mir alleine zu verbringen, meine Arbeitszeit selbst einzuteilen sowie schnell und intuitiv Entscheidungen zu treffen. Aber ich liebe auch den Austausch mit Gleichgesinnten. Wie machen die das? Wie gehen die damit um? Wo können wir uns zusammentun und voneinander lernen? Solche Fragen treiben auch vermeintliche Einzelgängerin um.

Vergangenes Wochenende habe ich im Kreis von 122 fantastischen Frauen des TextTreffs verbracht, um genau über solche Dinge zu reden, zuzuhören und selbst den ein oder anderen Tipp zu geben. Es war mein erstes Workshop-Wochenende dieser Art und das beste, das ich bisher erlebt habe. Die Anregungen, die mir die drei Tage in Bad Honnef beschert haben, werden mich noch lange begleiten. Danke schön dafür! Bis zum nächsten Textinen-Treffen wechseln sich die Zeiten der quirligen Gemeinschaft und des luxuriösen Zusammenseins dann hoffentlich in einer guten Mischung miteinander ab.

You Might Also Like

2 Comments

  • Reply Ein Wochenende im März – Different Affairs 23. März 2016 at 8:02

    […] sollen, aber ich muss zugeben, dass ich mein neues Singledasein nicht gerade freudig begrüße. Denn Alleinsein hat für mich eigentlich nur dann etwas Verlockendes, wenn dieser Status zeitlich begrenzt ist. Was […]

  • Reply Von nun an für immer – Different Affairs 1. Mai 2018 at 19:07

    […] Auf der anderen Seite nistet sich aber auch die mit dieser Einsicht verbundene Traurigkeit ein: Ich bin keine Insel, vielleicht auch kein Wald, aber immerhin ein Garten, in den ich Menschen einladen möchte, um mit […]

  • Leave a Reply