Manchmal liegen Lösungen zum Greifen nah. Man sieht sie nur lange nicht, weil man den Blick unablässig in die Ferne schweifen lässt. Kennt ihr das? So ging es mir jedenfalls bis vor kurzem mit meinem Wunsch, einmal über den Jakobspfad zu wandern. Im Kopf hatte ich dabei nur den Pilgerweg in Spanien mit dem Santiago de Compostela. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass ich quasi vor meiner eigenen Haustür starten kann. Ist aber so. Dazu gleich mehr.
Vor ein paar Tagen hatte ich das Vergnügen, eine Dortmunderin persönlich kennenzulernen, die nicht nur fast in meiner Nachbarschaft wohnt, sondern deren Vorlieben und Ansichten mir sehr vertraut sind. Astrid postet als Jokkemokke viele Bilder aus ihrem „everyday-life“, schreibt sehr viele, lange Texte dazu und hat eine rasend positive Lebenseinstellung, die oft ansteckend wirkt. Bei unserem persönlichen Treffen haben wir uns über Astrids Touren auf dem westfälischen Jakobsweg unterhalten, die sie seit dem vergangenen Jahr regelmäßig unternimmt, und ich war begeistert. Das wollte ich auch machen. Ausgestattet mit dem Wanderführer „Wege der Jakobspilger in Westfalen, Band 6″ und dem festen Willen, einige der Etappen ebenfalls abzulaufen, fuhr ich nach unserem Treffen mit dem Rad glückselig nach Hause. Schon am folgenden Wochenende zog ich meine Wanderschuhe an, und es ging los zur ersten Etappe „Dortmund bis Herdecke“. Eins vorweg: Dieser Weg führt durch einen wunderschönen Teil des Ruhrgebiets. Ich hoffe, meine Bilder können einen kleinen Einblick geben.
Der eigentliche Startpunkt dieses Abschnitts liegt in Dortmunds Innenstadt an der Reinoldikirche. Für mich ist das ein wenig unpraktisch, so dass ich schummle und direkt auf der Hohe Straße einsteige. Nicht zu fassen, dass der Jabobsweg an dieser Stellen nur etwa 100 Meter von meiner Wohnung entfernt verläuft und ich dieser Tatsache so lange gar keine Beachtung geschenkt habe (Kopf schüttel). Für die nötige Stärkung brauche ich unbedingt noch einen To-go-Kaffee von Luups, der so heiß ist, dass ich ihn erst trinken kann, als ich an den Rosenterassen neben dem Westfalenstadion ankomme.
Von dort aus führt der Weg in die Bolmke, einem wunderschönen Naturschutzgebiet mit Emscheraue.
Weiter geht’s in Richtung Rombergpark. Der Weg führt hier ein kurzes Stück an der Straße entlang, was aber an einem Sonntagmorgen nicht wirklich störend ist. Der Rombergpark ist der Botanische Garten der Stadt Dortmund und was ich neben der aktuellen Kirschblüte am faszinierendsten finde, sind die an das Café Orchidee angegliederten Gewächshäuser. Die gibt es schon seit 1958 und bieten ein wenig „tropical island“ mitten im Pott.
Anschließend muss ich etwas improvisieren, denn natürlich hatte ich Astrids Wanderführer zu Hause vergessen. Zwar ist der Weg an allen Stellen hervorragend gekennzeichnet, aber nach dem Rombergpark verpasse ich den Abstecher nach Wellinghofen und in die dortige Pfarrkirche irgendwie. Stattdessen laufe ich gleich weiter in Richtung Bittermark.
Ah, dieses Grün! Ich atme innerlich schon ein wenig auf. Neben meinem langgehgten Wunsch zu pilgern gibt es nämlich noch einen konkreten Anlass für meinen spontanen Entschluss zu dieser Wanderung, der meine Gedanken und die dazugehörigen Gefühle rasen lässt. In der Bittermark angekommen, habe ich plötzlich eine Eingebung, die mir zumindest ein wenig in der Zukunft weiterhelfen wird, und mich ruhiger werden lässt. Ein improvisiertes Mittagessen mit Stullen und Apfel gibt es am Mahnmal Bittermark, das von dem Hagener Künstler Karel Niestrath entworfen wurde und an die Ostermorde der Gestapo im Jahr 1945 erinnert. Es geht weiter durch den frisch belaubten des Staatsforsts, und ja, auch das ist das Ruhrgebiet, hier kreuzt auf starren Betonstelzen plötzlich die Autobahn 45 den Wald, der kurz zuvor so aufatmen ließ.
So, und damit ihr jetzt nicht vollkommen erschlagen werdet von meiner Bilderflut, poste ich den zweiten Teil des Weges heute Abend in einem zweiten Beitrag. Bis dann. Buen camino.
1 Comment
Was für ein abwechslungsreicher Pilgerpfad, mal durch die Stadt, mal durch die Natur, das ist ein guter Anfang. Die herrlich blühenden Zierkirschen und die grünen frischen Blätter an den Bäumen sind so schön anzuschauen. Danke fürs Mitnehmen, Anke.
Lieben Gruß
Sabine