50+ Leben

A never ending (love) story

4. Mai 2016
Fotocollage aus Bildern des Films "Love story" mit Ali MacGraw und Ryan O'Neill und dem männlichen Gendersymbol darüber der Schriftzug "off"

„Ich bin 50 Jahre alt und Single.“ Hätte ich vor 30 Jahren gewusst, dass ich einmal diesen Satz sage, hätte ich mich vermutlich unvermittelt aufs Bett geschmissen und bitterlich geweint. Ein Leben ohne Mann konnte ich mir einfach nicht vorstellen. Mitte der 60er Jahre geboren, in einer Zeit des massiven gesellschaftlichen Umbruchs also, war für mich aber auch eines immer klar: Ich möchte die gleichen Rechte und Möglichkeiten haben wie Männer. Ein tradiertes Beziehungs- und vor allem Rollenmodell kam für mich nicht in Frage. Dennoch wünschte ich mir – nicht besonders ungewöhnlich, eher ein wenig naiv – einen Partner fürs Leben. Und heiraten wollte ich auch.

Seit meinem 16. Lebensjahr lebe ich in mehr oder weniger feste Partnerschaften. Geheiratet habe ich nie. Die längste Singleperiode dauerte fünf Monate, die längste Beziehung 19 Jahre. Seit zehn Jahren aber habe ich kein Glück (mehr) mit Männern. Dabei spreche ich von Männern des 1960er Jahrgangs, denen ein grundsätzlicher Zugang zu Emanzipation und Gleichberechtigung quasi mit der Muttermilch verabreicht wurden. Und tatsächlich: Diese Männer sind doch eigentlich zum Abknutschen. Ohne zu murren übernehmen sie – jedenfalls die, die ich kenne – ihren Anteil an der Hausarbeit, holen Kinder von der Kita ab, nehmen Elternzeit, finden es selbstverständlich, dass Frauen Karriere machen, kochen Marmelade, kaufen im Bioladen ein, bringen Autos zur Werkstatt, machen Männerwochenenden, haben ausgefallene Hobbies, treiben Sport und sind, wenn es sein muss, auch zu einer Paartherapie bereit. Selbstverständlich fällt ihnen die Antwort auf die Frage nicht schwer, was eine gute Beziehung ausmacht: eine gute Kommunikation auf Augenhöhe natürlich – was denn sonst.

Hört sich doch alles gut an, möchte man meinen. Wieso ist es dann, bitte schön, im Alter von 40+ so schwer, eine funktionierende Beziehung zu führen? Meine Erfahrungen mit Partnerschaften der jüngsten Vergangenheit sind – gelinde ausgedrückt – „seltsam kompliziert“, die der letzten zehn Jahre zusammengenommen „höchst interessant“. Abgesehen von  zermürbenden emotionalen Achterbahnfahrten, unterirdischen verbalen Entgleisungen der männlichen Seite, von unzähligen durchheulten Nächten, einem Stapel durchgearbeiteter Beziehungsratgeber, den vielen Gesprächen mit Freunden und Bekannten, vielfach erlebter Wut und Enttäuschung, hat es auch mehrfach klare wirtschaftliche Benachteiligungen als Folge von Partnerschaften gegeben. Wieso hänge ich dann immer noch an meinem über 30jährigen Glaubenssatz „Ich finde Männer toll, ich kann ohne einen Mann nicht leben.“?

Wer denkt, ich wolle nun sämtliche Männer über einen Kamm scheren und zu einem globalen Angriff auf die Männerwelt ansetzen, der irrt. Der Meinung von Dasa Szekeley, dass sich Männer um die 50 verhalten wie „Scheinerwachsene“, kann ich mich ebenfalls nicht anschliessen. Ich frage mich vielmehr, was eigentlich mit mir los ist. Wieso bin ich nicht mehr in der Lage, eine langfristige Beziehung zu führen? Wieso suche ich mir zielgerichtet Männer aus, die sich in meinen Augen nicht partnerschaftlich verhalten und früher oder später jeden Respekt vor mir verlieren? Spielt mir mein Unterbewusstsein bei der Partnerwahl einen Streich?

„Ich bin 50 Jahre alt und Single.“ Dieser Satz fällt mir immer noch nicht leicht, denn ich bin es nicht gewöhnt, meinen Alltag ohne einen Mann an meiner Seite zu verbringen. Ich liebe es, mich mit Männern zu unterhalten, mit Ihnen über Politik oder physikalische Phänomene zu diskutieren, ich rede gerne mit Ihnen über Fußball, Kinofilme oder Musik. Ich mag ihre schnörkellose und manchmal simple Art. Ich gehe gerne mit Männern ein Bier trinken. Aber ich komme nicht mehr mit ihnen zurecht.

Inspirationen, neue Anregungen, veränderte Sichtweisen vermitteln mir in letzter Zeit ausschließlich Frauen. Ich habe begonnen, mich wieder öfter mit meinen Geschlechtsgenossinen zu treffen und auszutauschen. Viel häufiger als ich das in den vergangenen 30 Jahren gemacht habe. Und nun endlich habe ich das Gefühl, langsam ruhiger zu werden und zu mir zurückzukehren. In den kommenden zwölf Monaten werde ich jedenfalls aktiv keinen neuen Partner suchen, sondern mich der Aufgabe stellen, alleine ein ausgefülltes und zufriedenstellendes Leben zu führen. Tatsache ist, dass ich das bisher nicht gelernt habe. Lediglich in einer kurzen Phase meines Studiums habe ich alleine gewohnt und mich dabei sehr unwohl gefühlt. Aber nun bin ich bereit, meine von Ali MacGraw und Bryan O’Neill im Melodram „Love Story“ der 70er Jahre nicht unmaßgeblich geprägte Vorstellung einer romantischen Zweierbeziehung auf Eis zu legen und ein anderes Leben zu beginnen.

Keep fingers crossed, maybe it’s the beginning of a new (love) life in sight. You’ve got the way to make it all happen.

PS: Mich interessiert es sehr, wie andere Frauen meines Alters zu dem Thema Beziehung stehen. Habt ihr vielleicht jenseits der 40 erst Eure große Liebe kennengelernt, lebt ihr immer noch mit Eurem langjährigen Partner zusammen oder zieht ihr das Alleinsein vor? Wenn Letzteres zutrifft: Was unternehmt ihr, wenn ihr Euch doch einmal „zu alleine“ fühlt? Ich freue mich über Eure Kommentare. Nur zu.

 

 

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9 Comments

  • Reply Nathalie Bromberger 5. Mai 2016 at 11:37

    Ich glaube, damit sprichst du vielen Frauen – egal ob Single oder mit Partner – aus der Seele. Vielleicht liegt die Kunst, mit oder ohne Mann glücklich zu sein, genau darin: viele tolle Frauen um sich herum zu versammeln. Neue Anregungen und vor allem veränderte Sichtweisen – danach scheinen wir Frauen im Alter von 50 weitaus mehr zu verlangen als unsere männlichen Altersgenossen. Und deshalb brauchen wir die Gemeinschaft von Frauen ganz unbedingt. Und inspirierende Blogposts von Frauen mit neuen Anregungen zu veränderten Sichtweisen <3

    • Reply ahedfeld 9. Mai 2016 at 8:28

      Liebe Nathalie, ich stimme Dir zu. Veränderte Sichtweisen – danach streben Frauen über 50 streben wohl eher als gleichaltrige Männer. Offensichtlich kann man in jeder Altersstufe noch etwas dazu lernen, neue Dinge über sich selbst erfahren. Ein spannender Prozess, in dem ich mich auch gerade befinde. Der macht – zugegebenermaßen – nicht immer Spaß. Aber ich stelle immer wieder fest, dass viele Frauen in meinem Alter eine ähnliche Entwicklung durchlaufen oder durchlaufen haben. Das ist wiederum sehr beruhigend. Vielen Dank für Deinen netten Kommentar. LG Anke

  • Reply Sabine 5. Mai 2016 at 16:14

    Liebe Anke,
    ich denke, welche Beziehung man hat, hat viel damit zu tun, wie man mit sich selber umgeht. Als ich das Leben geführt habe, das andere von mir erwartet hatten, als ich mich weder ernst noch wichtig genommen habe, hatte ich genau solche Beziehungen, in denen mein Partner mich auch nicht ernst nahm, und oft Wichtigeres zu tun hatte, als sich mit mir zu befassen. Klar wurde mir das damals nicht. Aber jetzt im Nachhinein, sehe ich, dass ich meinen Herzensmenschen dann getroffen habe, als ich begann an mich zu glauben, mein Ding zu machen. Ich hab nicht mit in die Wiege gelegt bekommen, dass ich es wert, bin auf Händen getragen zu werden. Aber genau das ist es, was ich heute, im übertragenen Sinne, von meinem Partner erwarte. Gar nicht so weit weg von der romantischen „Love Story“. Ich finde durchaus, dass man seine Ziele hoch stecken darf, gerade im Hinblick auf eine Beziehung. Toleranz, was Respekt, Achtung und Aufmerksamkeit betrifft, halte ich für keine gute Idee. Tolerant bin ich lieber im Freiräume geben und Macken akzeptieren.
    Ich finde es großartig, wie Du Dein Leben als Single, neue Vorlieben, neue Menschen entdeckst. Dein kleiner Garten kommt mir wie ein Symbol dafür vor. Er wird immer mehr Deiner und immer schöner. Genieß diese aufregende Zeit. Ist das nicht ein wenig, wie eine Reise in ein fremdes Land? Mal sehen, wer Dir dann unverhofft über den Weg läuft.
    Lieben Gruß
    Sabine

    • Reply ahedfeld 9. Mai 2016 at 22:58

      Liebe Sabine, ich glaube, Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Aus irgendeinem Grund rede ich mir ebenfalls ein, dass ich es nicht wert bin, auf Händen getragen zu werden. Das ist schon ein ganz kleines bisschen schräg. Um ehrlich zu sein, bin ich eine Meisterin darin, mich in Beziehungen anzupassen und jedes noch so blöde Verhalten zu tolerieren. Bei der letzten Beziehung habe ich allerdings ganz schnell die Reissleine gezogen – ein Schritt in die richtige Richtung, und ich bin stolz auf mich. Möglicherweise leben wir aber auch in Partnerschaften etwas nach oder versuchen eine Rolle zu erfüllen, von der wir glauben, sie spielen zu müssen. Dein Kommentar hat mich einmal mehr darin bestärkt, genau über dieses Thema intensiver nachzudenken, und ich danke Dir sehr für Deine Anregung.
      Liebe Grüße
      Anke

  • Reply Dana 6. Mai 2016 at 17:13

    Interessanter Artikel! Ganz anders als du hatte ich als kleines Mädchen den Wunsch, allein zu leben. Dann habe ich mit 21 geheiratet und lebe seitdem mit dem gleichen Mann Tür an Tür in zwei Wohnungen. Ich brauche sehr viel Zeit allein und kann mir nicht vorstellen, mein Leben komplett mit jemandem zu teilen. Vermutlich bin ich im klassischen Rollenbild ein Mann 😉

    Ich hoffe aber, dass du zuletzt einfach nur Pech hattest und die Männer nicht grundsätzlich beziehungsunfähig geworden sind. Die Zeit allein solltest du in jedem Fall genießen und dir dabei bloß nicht „halb“ vorkommen, weil das männliche Gegenstück fehlt!

    • Reply ahedfeld 10. Mai 2016 at 8:39

      Liebe Dana, das finde ich sehr interessant, denn bis vor vier Jahren war ich einer ähnlichen Meinung wie Du: „Wenn man möchte, dass eine Beziehung mit über 40 funktioniert, darf man nicht zusammenziehen.“ Ich habe mich dann doch anders entschieden, leider mit keinem guten Ergebnis. Genau wie Du benötige ich auch sehr viel Zeit für mich selbst, von daher ist die jetzige Situation geradezu ideal. Und so werde ich Deinen Rat befolgen und diese Zeit wirklich genießen. Danke für Deinen Kommentar.
      Liebe Grüße Anke

  • Reply ClaudiaBerlin 26. Mai 2016 at 11:46

    Ich finde es wunderbar, alleine zu wohnen. Es gibt so kein Alltagskonfliktpotenzial rund um die basalen Aktivitäten wie Aufräumen, Kochen, Putzkultur, Lautstärke etc. – und vor allem ist man nicht ständig gefordert, sich zu erklären oder Erklärungen zu erwarten bei allem, was man so macht. Man ist nicht gezwungen, sich im Lebensstil weitgehend aneinander anzupassen, sondern kann Gemeinsamkeit genießen in dem, was verbindet, und ansonsten macht jeder seins.
    (Das gemeinsame Bett sehe ich als schier unabwendbaren Tod der Erotik, die m.E. Distanz genauso braucht wie Nähe, bzw. eben ein Wechselspiel).
    Richtig Single war ich – genau wie du früher – fast nie. Und zweimal hab ich auch ein paar Jahre zusammen gewohnt – keine Erfahrung, die ich nochmal haben wollte! Es war einfach zu einschränkend, für beide Seiten. In derart engen Alltagsbeziehungen neigen die Partner zu starken Projektionen: Was ich an mir selbst nicht wahrhaben will, kritisiere ich am Partner, fast zwangsläufig wird das Gegenüber zur (vermeintlichen) Ursache allen Glücks und Unglücks – erst wenn diese Verstrickung endet, kann man sich wieder gegenseitig als eigenständige Individuen sehen und wertschätzen.
    Als ich 2003 nach 10 Jahren zusammen wohnen eine eigene Wohnung nahm, war das wie „endlich heimkommen“. Nie nie mehr hab ich mir etwas anderes gewünscht – und die Beziehung, aus der ich so „heraus“ kam, lebte als enge Freundschaft schon bald regelrecht auf!
    Seit nun schon 10 Jahren bin ich mit einem deutlich jüngeren Mann glücklich, der in fußläufiger Entfernung ebenfalls alleine wohnt. Zusammen haben wir einen Garten, dessen Gestaltung ein gemeinsames intensives Hobby ist – ein Feld, auf dem wir auch Konflikte ausgetragen haben, denn schließlich besteht da bei vielem eine Art Einigungszwang. Anfänglich war Dissens schwierig zu handeln, doch wurde unsere Streit- und Konsensfindungskultur immer besser. Das ist eben auch leichter, wenn ansonsten noch jeder „das eigene Feld“ hat, wo der Partner nicht reinredet.

    Es lebt sich sehr angenehm, wenn jegliches Paradigma a la „nur mit dir kann ich zufrieden leben“ gar nicht erst auftaucht. So um die 50 herum hat sich da bei mir nochmal viel verändert. Ich erkannte: ein Mann sollte mein Leben bereichern, nicht verkomplizieren und belasten. Es war nicht nur ein Gedanke, sondern definitiv ein Beschluss, ein Ergebnis aus allem Erlebten und aus neuen Erfahrungen, die mir zeigten: Dieses ganze Anpasserinnentum, dieses typisch weibliche Selbstverleugnen zu Gunsten partnerschaftlicher Harmonie brauche ich nicht mehr. Männer sind wunderbar, aber nicht zwingend nötig! 🙂

    Seitdem hab ich „beziehungstechnisch“ keine wirklichen Konflikte mehr, sondern sehr viel Freude!

    • Reply ahedfeld 26. Mai 2016 at 12:17

      Hallo Claudia, vielen Dank für Deinen wunderbaren Hinweis. Der kommt, so scheint es mir, gerade zur richtigen Zeit, denn gedanklich doktere ich wieder einmal an der Frage herum, was ich eigentlich wirklich will. Ich mag das Alleineleben, aber ich möchte mich auch geliebt fühlen. Und damit sind wir bei der Crux oder bei dem Basisthema, mit dem ich mich noch intensiv auseinandersetzen muss und möchte. Du führst in Deinem Beitrag http://www.claudia-klinger.de/digidiary/2007/10/28/wie-romantische-liebe-zum-beziehungselend-wird/ Eckhart Tolle an und seine Meinung zu den Empfindungen von Mangel und Bedürftigkeit, die uns auf die Idee kommen lassen, diese durch eine andere Person oder deren Anerkennung auszugleichen. Mit diesem Hinweis hast Du mir einen wunderbaren und wertvollen Tipp für meine weitere Seelenarbeit gegeben. Ich erlebe gerade so etwas wie einen Schlüsselmoment, auch wenn ich die ultimative Lösung für mich selbst damit noch nicht gefunden habe, danke ich Dir vielmals. LG Anke

      • Reply Claudia 29. Mai 2016 at 10:48

        Freut mich, dass du mit meinem Text und dem Artikel etwas anfangen kannst!
        An „ultimative Lösungen“ glaube ich nicht, wir sind ja eher in einem immerwährenden Prozess der Weiterentwicklung, Selbst- und Welterkenntnis. Aber „Schlüsselmomente“ kenn ich durchaus auch und beglückwünsche dich dazu!

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